Ein genervtes Paar

Else, eine ältere Dame in den Siebzigern, die ich schon länger als Patientin kenne, erzählt mir, wie sehr sie – mal wieder – von ihrem Ehemann genervt ist.
Sie hatte mir in unseren Gesprächen häufig aufgeregt berichtet, dass ihr Mann sich ständig in Haus und Garten betätige, dabei mehr Chaos als Ordnung schaffe, und wie sehr sie sich darüber ärgere. Angeblich verschlimmbessere er dabei die Dinge häufig und höre nicht auf sie. Ihre Klagen machten mich manchmal recht hilflos.
Else konnte sich mit der Zeit besser von ihrem – aus ihrer Sicht – eigenwilligen, sturen und uneinsichtigen Ehemann abzugrenzen und ihm mit Bestimmtheit freundlich sagen, was sie möchte und was nicht.
Mit der Zeit hatten sie sich wieder angenähert und kamen besser miteinander aus, abgesehen von neuralgischen Punkten, die sich meist um Dinge drehten, die mit der Küche zu tun hatten.

So auch diesmal, Else berichtet mir, dass ihre Schwester mit Ehemann zu Besuch bei Ihnen waren.
„Als mein Mann am Sonntag alles für den Besuch am Nachmittag vorbereitet hat, und ich ihm helfen wollte, hat er mich ständig angemault! Nichts konnte ich ihm recht machen, nicht einmal den Tisch konnte ich in seinen Augen richtig decken! Übrigens kocht er hervorragend. Wir haben uns die ganze Zeit gestritten, und schließlich drohte er damit, nichts mehr zu machen und alles stehen und liegen zu lassen, wenn ich mich weiter einmischte. Er verschränkte die Arme und schaute mich entschlossen an. Ich könne dann selbst kochen und alles vorbereiten. Er weiß genau, dass ich das gesundheitlich nicht schaffe! Ich wollte ihm aber gerne helfen und ihn nicht mit der gesamten Vorbereitung alleine lassen.“

Ich habe die Situation vor Augen und stelle mir vor, wie ihr Mann davon ausgeht, dass seine Frau ihm die Vorbereitung auf den Besuch überlassen hat, wie schon seit längerem das Kochen, und ihm nun dazwischenfunkt.
Was gab es für eine Lösung? Ich verstand beide. Plötzlich fiel mir das „Helferlein“ ein, eine Figur aus einem alten Comicheft, die Hauptfigur hieß Daniel Düsentrieb (ein Ingenieur, wie ihr Ehemann, die Figur ist chaotisch, aber genial). Dadurch kam ich auf die Idee, ihr eine Aufgabenverteilung vorzuschlagen. Ihr Mann sollte ihr eine klare Ansage machen, welche Hilfe er braucht oder ob sie sich raushalten kann.
„Das nächste Mal, wenn diese Situation eintritt, könnten Sie zu ihm sagen, dass er sich melden soll, wenn Sie etwas tun können, um ihm zu helfen. Er soll entscheiden und Sie sind bereit, ihm zu helfen.“
Else schaut mich mit ihren großen blauen Augen erstaunt an, hält einen Moment inne, um umzuschalten, und sagt dann mit tiefergelegter Stimme: „Jetzt habe ich etwas gelernt“.

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